Weltweit kämpfen Millionen von betroffenen Menschen immer wieder darum, ihre Höhenangst zu überwinden. Interessanterweise schlägt sich rund 6 Prozent der Bevölkerung mit einer Form von Höhenangst (Akrophobie) rum – du bist also nicht allein! Das Ausmaß, in dem sich Unbehagen, Sorge, Angst oder Panik manifestieren und entsprechende Auswirkungen haben, ist von Person zu Person und je nach Szenario unterschiedlich. Bestimmte Ängste und Phobien kommen zudem häufiger bei Personen vor, die allgemein mehr unter Angst oder chronischem Stress leiden und von Natur aus eher übervorsichtig sind – so auch bei der Akrophobie.

Während es viele Arten von Phobien gibt (Eine „Phobie“ ist eine tief verwurzelte Angst vor einer bestimmten Erfahrung oder Sache), steht Höhenangst im wahrsten Sinne ziemlich weit oben auf der Angstliste. Höhe unmittelbar zu erfahren kann beängstigend sein, weil aus evolutionärer Sicht das Überleben bedroht sein kann, weshalb sie eine häufig anzutreffende Angst ist.

Wenn auch du unter einer Form der Akrophobie leidest, dann kennst du ja die Auswirkungen. Oft reicht allein der Gedanke, an einem Abgrund zu stehen oder irgendwo hochzuklettern, um den Puls in die „Höhe“ zu treiben und die Hände feucht und heiß werden zu lassen. Damit einhergehend wird eine ordentlich Menge des Stresshormons Cortisol ausgeschüttet.

Hast auch du dieses Gefühl satt, weil dir Sportarten wie Bergsteigen, Klettern verwehrt bleiben oder du einfach mal ein entspanntes Stehen auf dem Balkon oder einem Aussichtspunkt genießen willst? Dann habe ich eine gute Nachricht für dich, denn manche Ansätze funktionieren bereits in einer einzigen Coachingsitzung! Kaum zu glauben, nicht wahr? Und doch…

Geht das? Höhenangst im Kino überwinden

Wenn dir allein beim Gedanken, dich Höhen real auszusetzen, Angst und Bange wird und dich der Schwindel übermannt, dann kannst du es auch einfach bleiben lassen. Die direkte Konfrontationstherapie ist nicht für jeden und auch nicht zwingend für den Erfolg notwendig. 

Tatsächlich stehen einem erfahrenen Coach oder Therapeuten auch andere, elegantere Methoden zur Verfügung. Eine meiner Lieblingsmethoden ist das Kino – allerdings nicht irgendeins, sondern dein ganz persönliches (Kopf)kino! 

Während du dich entspannt zurücklehnst, erschaffen wir in deinem Bewusstsein eine Realität, in der du mit Höhe völlig entspannt umgehst. Klappt das virtuell, kommen die nächsten Schritte dran, bis du es am Ende selbst kaum erwarten kanns, dich deiner Angst aus einer Position der Stärke und des Vertrauens heraus zu stellen.

Na, ist die Neugier geweckt? 🙂 Dann mach jetzt den ersten Schritt, um deine Höhenangst zu überwinden.

Die Ursachen von Höhenangst 

Die Wissenschaft ist sich zwar noch nicht ganz genau sicher, was im Speziellen Höhenangst verursacht. Der Grundtenor ist jedoch, dass die Entstehung von Höhenangst und Höhenschwindel von unserer natürlichen menschlichen Sorge herrührt, von einem hohen Ort zu fallen und uns dabei selbst zu verletzen. Das unbewusste, interne Wiederholen von gefährlichen Situationen, die einen Sturz aus der Höhe beinhalten – und damit einhergehend die Gefahr für erhebliche Schmerzen bis hin zum Tod  könnte zur Entwicklung von Höhenangst beitragen. Wissenschaftler gehen außerdem davon aus, dass eine negative oder traumatische Erfahrung in Bezug auf Höhe, dazu beitragen kann, dass Menschen Höhenangst oder Höhenschwindel entwickeln.

Risikofaktoren für die Entwicklung von Höhenangst / Höhenschwindel

  • Sturz aus der Höhe oder jemand anderem beim Fallen zusehen
  • Erleben eines negativen Ereignisses, wie z. B. einer Panikattacke, während man sich an einem hohen Ort befindet
  • Angststörungen in der Familie

Die Ursachen von Höhenangst

Wie macht sich Höhenangst bei dir bemerkbar?

Typische Anzeichen und Symptome von Höhenangst

Das Hauptsymptom der Höhenangst ist, nun ja…, das Gefühl intensiver Angst! Bei manchen Betroffenen wird diese Angst erst bei große Höhen wie z.B. auf einer hohen Brücke ausgelöst, bei anderen wird sie schon beim Stehen auf einer Leiter ausgelöst. Erkennst du dich wieder?

Psychische Symptome

  • Intensive Angst und Unruhe, wenn man an hohe Orte denkt, sie anschaut oder sich dort aufhält
  • Die Angst, dass an einem hohen Ort/Abgrund etwas Negatives passieren wird, wie z. B. zu fallen oder in einer Situation in der Höhe festzustecken
  • Einen starken Wunsch verspüren, zu entkommen, sobald die Höhenangst ausgelöst wird

Körperliche Symptome

  • Erhöhter Puls
  • Schwindelgefühl (Höhenschwindel) und Benommenheit
  • Übelkeit
  • Zittern
  • Kurzatmigkeit

Der Klassiker – Die Konfrontationstherapie bei Höhenangst

Die Therapie über Konfrontation hat sich für Betroffene als wirksam zur Überwindung von Ängsten und Phobien herausgestellt. Allerdings braucht es Zeit, Mut und Durchhaltewillen. Bei Menschen, die sich ihren Ängsten auch mit langsamen Herantasten kaum stellen können, kann eine medikamentöse Begleitung sinnvoll sein. Wer es lieber leichter mag, kann gerne zuerst das weiter oben erwähnten (Kopf)Kino ausprobieren.

Das Erkennen und Verstehen der Angstsymptome als ein natürlicher Teil des Gehirns ist der erste Schritt

Wenn eine Bedrohung im Anmarsch ist, wird dein sympathisches Nervensystem aktiviert und beginnt, deinen Körper auf Action vorzubereiten! Dies ist auch als Kampf-oder-Flucht-Reaktion bekannt und dient dazu, dich zu schützen. Viele deiner unangenehmen Angstsymptome entstehen, weil dein Körper anfängt, ordentlich Blut in deine Muckis zu pumpen, um dich auf Hop oder Top bzw. Kampf oder Flucht vorzubereiten. Dein Herz schlägt schneller, du beginnst wie ein Luftreiniger auf Speed zu atmen, damit mehr Sauerstoff die Muskeln erreicht, dein Mund trocknet aus und siehe da „Schmetterlinge im Bauch“! Letzteres rührt übrigens daher, dass Blut von diesen Regionen weg zu unseren (Flucht)Muskeln umgeleitet werden. An dieser Stelle hatte ich übrigens wahrscheinlich die gleich Frage wie du: „Wohin pumpt das Blut denn, wenn ich verliebt bin und Schmetterlinge im Bauch habe?“

Eine Überempfindlichkeit und Fehlinterpretation dieser körperlichen Empfindungen ist ein häufiges Problem bei vielen Angststörungen, einschließlich Phobien. Bei Höhenangst zum Beispiel könnte jemand, dem in der Höhe übel und schwindelig wird, fühlen, dass dies die Anzeichen seines bevorstehenden, katastrophalen Sturzes sind. Das Gefühl verschlimmert die bereits vorhandene Angst noch.

Mit den körperlichen Symptomen der Angst umzugehen lernen

Um Fehlinterpretationen deines Gehirns zu vermeiden und dir dabei zu helfen, eine Toleranz für deine Angst aufzubauen, versuche dich langsam an die körperlichen Symptomen der Höhenangst heranzutasten. Das wird dir dabei helfen, deine Symptome als das zu sehen, was sie sind: nichts anderes als die natürliche Kampf-oder-Flucht-Reaktion deines Körpers! Obwohl du nicht einfach willentlich deinem Körper befehlen kannst, dieses System auszuschalten, wird die Angstreaktion nicht ewig anhalten. Schließlich hat dein Körper nur einen begrenzten sofort verfügbaren Vorrat an Cortisol und Adrenalin.

Bei einer abgestuften Konfrontationstherapie baust du allmählich deine Toleranz gegenüber den Symptomen der Höhenangst auf, wobei dir die vorübergehende Natur der Angst zu Hilfe kommt.  Überstandene Höhenaussetzungen nützen dir dabei, die Angstreaktion deines Körpers tolerieren und überwinden zu lernen. Die Idee ist, sich allmählich der Sache auszusetzen, vor der man Angst hat, klein anzufangen und sich langsam an schwierigere Situationen heranzuarbeiten.

Du übst jeden Schritt, bis deine Angst nachlässt. Dies hilft die dabei, neue Erinnerungen zu schaffen, bei denen du die Angst besiegt hast bis hin zum Entspannten Aushalten von Situationen, die vorher mit Angst beladen waren. Wenn du weiter übst und selbstsicherer wirst, überschreibst du die Assoziation zwischen dem Reiz und der Angst in deinem Kopf. Mit der Zeit beginnt das einst gefürchtete Szenario weniger Angst hervorzurufen.

Vom Kleinen zum Großen

Erstelle zunächst eine Liste von Situationen, die deine Höhenangst auslösen und ordne sie von den am wenigsten angstauslösenden bis zu den am meisten angstauslösenden Situationen. Die kleinsten Auslöser könnten zum Beispiel sein, wenn du dir Bilder von Höhenexpositionen ansiehst oder dir mentale unangenehme Situationen ausmalst. Das Wichtigste ist, mit Dingen zu beginnen, die ein kleines, aber überschaubares Maß an Angst hervorrufen. Du könntest dann dazu übergehen, in der Nähe von angstauslösenden Höhen zu stehen (z. B. an einer Rolltreppe in einem Einkaufszentrum), dann tatsächlich diese Rolltreppe zu benutzen und dann ein hohes Gebäude zu besuchen.

Probiere nun diese einfachste Sache aus und bleibe (wichtig!) in dieser Situation, bis die Angst nachlässt und du dich wieder wohler
fühlst.
Versuche dich auf die Merkmale der Situation (oder des Bildes) zu konzentrieren und dich auf die Umgebung einzulassen, anstatt dich auf deine Angst zu konzentrieren. Wenn du beispielsweise vor einem hohen Gebäude stehst, dann zähle wie viele Stockwerke es hat oder nimm wahr welche Farbe und Textur du erkennen kannst. Denke daran, dass alle körperlichen Empfindungen nur die natürliche Reaktionen deines Körpers sind und nicht bedeuten, dass du in realer Gefahr bist. Für jeden Schritt könnte es hilfreich sein, deine Angst in der ersten Minute von
1 bis 10 zu bewerten und zu beobachten, wie die Bewertung mit der Zeit abfällt. Übe regelmäßig, bis deine Angst vor dieser ersten, einfachen Situation nachgelassen hat. Du kannst anschließend mit dem nächsten Punkt deiner Liste beginnen.

P.S.: Entspannungsübungen vor, während und nach der Exposition können hilfreich sein. Versuche es zum Beispiel mit Achtsamkeitsübungen
oder zähle bei deinen Atemzügen mit.

Kognitive Verhaltenstherapie bei Höhenangst

Hier geht es um das Verstehen und Herausfordern deiner Überzeugungen. Während sich die Konfrontationstherapie auf die allmähliche Verringerung von Angstgefühlen der Betroffenen konzentriert, geht es bei der kognitiven Verhaltenstherapie um die Überzeugungen einer Person hinsichtlich Höhenangst. Viele Menschen mit Akrophobie glauben, dass etwas Schlimmes passieren wird, wenn sie irgendwo von oben herunterschauen. Schauen wir mal bei dir: Du könntest zum Beispiel befürchten, dass du umfällst, dass die Felsstruktur zusammenbricht oder dass du dich hinabstürzen könntest. Das Ziel der kognitiven Verhaltenstherapie ist es, dir dabei zu helfen, zu lernen, dass du sicherer bist, als du denkst, und dass das befürchtete Ergebnis nicht real eintreten wird.

Stelle dir folgende Fragen

  • Was glaubst du würde passieren, wenn du dich deinen Ängsten stellst?
  • Für wie wahrscheinlich hältst du es (auf einer Skala von 1-10), dass deine Ängste Realität werden?
  • Was wäre das Ergebnis dessen, was dann passiert? Zum Beispiel glaubst du unterbewusst vielleicht, dass es zum Einsturz kommt, wenn du auf ein hohes Gebäude steigst.

Sobald du die Fragen beantwortest hast, kannst du einige „Verhaltensexperimente“ ausprobieren. Dies ist eine Art von Expositionsaktivität für deine Akrophobie, mit der du deine Überzeugungen testest. Für das obige Beispiel könntest du ein Verhaltensexperiment ausprobieren, bei dem du weit nach oben steigst, um zu sehen, was passiert. Erscheint dir das Gebäude tatsächlich instabil? Auch hier kannst du mit deinen Experimenten klein anfangen und dir Entspannungsübungen zunutze machen. Die Idee ist, dass sobald du deine Ängste real konfrontiert hast, bemerkst, dass nichts Schlimmes passiert.

Versuche, die von dir verwendeten Sicherheitsstrategien zu erkennen

Während deiner „Experimente“ ist es sinnvoll, sich mal die verschiedenen Sicherheitsstrategien näher anzuschauen. Gemeint sind Verhaltensweisen, auf die du unbewusst zurückgreifst, wenn dein Körper seine Schutzmechanismen hochfährt. Die häufigste Reaktion ist die Vermeidungsstrategie: einfach nicht irgendwo hingehen, wo es hoch ist. Punkt! Subtilere Beispiele der Vermeidungsstrategie sind das Augenschließen, nicht nach unten oder über die Ränder schauen, sich krampfhaft an etwas festzuhalten oder sich darauf konzentrieren, einen bestimmten Satz zu wiederholen. Während diese kurzfristig hilfreich sein können – zum Beispiel fühlen wir uns sicherer, wenn wir uns fest am Geländer festhalten – wirken solche Verhaltensweisen tatsächlich als Barrieren und hindern uns daran, uns wirklich mit der Höhe auseinanderzusetzen. Infolgedessen können wir nicht lernen, dass wir tatsächlich sicher sind und ohne sie zurechtkommen. Wenn wir uns zum Beispiel am Geländer festhalten, lernen wir nicht, dass wir alleine stehen können, ohne zu fallen. Und so bleibt die Angst bestehen. Finde heraus, welche Abwehrmechanismen bei dir zum Tragen kommen und wiederhole dann deine Experimente ohne diese Mechanismen einzusetzen.

Es ist wichtig zu beachten, dass unsere „Sicherheitsstrategien“ sich stark von hilfreichen Bewältigungsmechanismen unterscheiden. Erstere hindern uns daran zu lernen, dass wir auch ohne sicher sind, während uns zum Beispiel adaptive Bewältigungsmechanismen (wie Entspannungsübungen) helfen, mit schwierigen Situationen umzugehen und unsere Angst zu tolerieren.

Verinnerliche nach jeder Exposition, was du gelernt hast. Folgende Fragen könnten hilfreich sein: Was ist genau passiert? Ist irgendeine der erwarteten Befürchtungen eingetreten? Was ist stattdessen passiert? Was ging mir durch den Kopf – und war das, was ich gedacht habe, richtig? Was ist passiert, als meine Vermeidungsstrategien eingesetzt oder nicht eingesetzt haben? Was kann ich aus dieser Erfahrung lernen und was bedeutet es für die Zukunft?

Wie bei der abgestuften Konfrontationsübung kannst du diese Übungen alleine oder mit Unterstützung eines Freundes ausprobieren. Wenn deine Angst jedoch sehr groß ist oder du Schwierigkeiten damit hast, deine Überzeugungen über Höhenangst oder die von dir verwendeten Vermeidungsstrategien zu identifizieren, dann hole dir Hilfe von außen als Power-Ressource.

Übrigens, wenn du in der Nähe von München oder Rosenheim wohnst, dann können wir nach dem Kopfkino auch ein bisschen Bergluft schnuppern und direkt testen, wie es um deine Höhenangst oder Akrophobie bestellt ist.